What about Poesiegrafie?

 

Die endlose Weite der neuseeländischen Südinsel, den blauen Horizont, die karge Landschaft, die Menschenleere mit Worten zu erfassen, es will mir nicht gelingen. Ich denke an Herr der Ringe. Fantastische Kameraführung, Musik, die keine Worte braucht, großartige Schauspieler, eine zeitlose Geschichte.  Ich greife zur Kamera, drücke ab, mache ein Foto und noch eines. Mt. Cook, Kaikoura, Christchurch, die gleiche Situation. Ich experimentiere mit Licht, Perspektive, Nähe und Distanz.

Die Begeisterung für die Fotografie erwacht in mir.

 

Ein langer Tag im Büro, Telefonate, E-Mails, Gespräche mit Kollegen, draußen dichter Nebel, ich gähne, warte sehnsüchtig bis es vier Uhr ist. Erkenne in meinem Eingangsordner eine Powerpoint Präsentation. Öffne sie. Strand, Sonne, motivierende Worte. Sie lässt mich träumen, lässt mich einen Augenblick die Realität vergessen. Später entdecke ich die Postkartenkalender der Grafikwerkstatt Bielefeld. Liebevoll gestaltet, mit Texten, die der Seele streicheln.

 

Ich beginne Geschichten, Passagen aus Büchern, Sprüche zusammenzutragen. Kaufe mir eine Spiegelreflexkamera, eine Canon EOS 400. Heute ziert sie ein Button „Tag des Denkmals“. Ja, das ist sie und immer noch hervorragend geeignet für Makros, natürliche Portraits, besondere Bildkompositionen.

 

Mein erster Kalender entsteht. Ein Jahr lang fotografiere ich, wähle besondere Momente aus, schmücke sie mit Worten.

 

Mein erstes Fotobuch entsteht. Die Bücher von Neale Donald Walsch, Joseph Murphy und Barbara Sheer begleiten mich, verändern meine Sicht der Dinge. Ihre Gedanken ergänzen die Fotografien.

 

Später beginne ich eigene Texte zu schreiben. Aneinandergereihte Wörter. Für mich Poesie. Die Poesiegrafie entsteht. Eigene Fotos, eigene Geschichten. Ziel erreicht?

 

Die Ideen werden mehr, eigene Fotos weniger. Ich lege falschen Stolz ab und entscheide Fotos von Kolleginnen und Kollegen zu verwenden, großzügigerweise ins Netz zur freien Verwendung gestellt.

Die Möglichkeiten der Poesiegrafie erweitern sich. Andere Bildkompositionen entstehen. Hier teile ich sie mit dir.

 

Gelegentlich stelle ich mir die Frage, wofür Fotos verwenden?  Sergio Bambaren erinnert mich. Er fotografiert lieber mit den Augen, um das Bild, im Herzen zu haben. Ich, Manuela, habe viele Bilder in meinem Herzen und nutze meine Augen, um sie sichtbar zu machen.

 

Du willst wissen, was die Poesiegrafie für mich ist?

 

Die Poesiegrafie ist ein Geschenk, an unsere Augen und Ohren, unsere Sinne, sie ist Trost – sie ist Träne – ein Geschenk so wandelbar wie das Leben selbst.

 

Poesiegrafie erinnert an die ureigenste Wahrheit, jene, die in uns Menschen wacht. Sie vereint Worte mit Bildern, fügt zusammen. Poesiegrafie wird geboren aus Schmerz und Liebe, vorbei ist die Zeit der Trennung.

 

Ihre Worte können das Herz eines Menschen erfreuen, motivieren, inspirieren, begeistern oder aber sie können es nicht. Ihre Bilder, Fotografien, Momentaufnahmen können Schönheit, Leuchten, Kraft, Mut und Faszination verbreiten oder aber sie können es nicht. Beide, Worte und Bilder können nähren und heilen oder wachrütteln und erschrecken. Beides ist gleich richtig – beides gleich wichtig. Erst wenn sie in ihrer Essenz Licht und Dunkelheit gleichsam umarmen, fügen sie zusammen, was zusammen gehört.

 

Poesiegrafie ist Ausdruck meiner Teilnahme am Leben. Eine Hommage an mein geliebtes Zuhause, unseren Lebensraum, dieser wunderbare blaue Planet, genannt Erde, mit seiner einzigartigen Natur, seinen Ozeanen, Flüssen, Gebirgen, Wäldern, Riffen, Gletschern, Wüsten und seinen Bewohnern, seinen Gesetzmäßigkeiten und Rhythmen.

 

Poesie und Fotografie ist Lichtblick, ist Begleiter durch die dunkle Nacht, ist Schöpfung.

Sie entsteht – sie vergeht. Sie ist LEBEN, EXISTENZ, JETZT und wird zur Erinnerung.

 

Kaum ist sie geboren, stirbt sie.

 

Flüchtig, einfach, komplex.

 

Schön, tief, bewegend –

oder auch nicht.